Back on back again

Im Juni 2016 bekamen wir für Jack die Diagnose „Krongelenksarthrose“, auf beiden Vorderbeinen. Es war eine Zufallsdiagnose, die wir aufgrund der Kontrollröntgenbilder des langwierigen Hufabszesses mit nachfolgender hohler Wand herausfanden.
Da ich in den Jahren davor regelmäßige Röntgenbilder hatte machen lassen (jeweils Hufreheverdacht, der sich nicht bestätigte), konnte man rückblickend sehen, wie sich die Arthrose entwickelte – unbeachtet von den jeweiligen Tierärzten, die das Bild und die zarten Schatten immer als problemlos bezeichneten. Uns erkärte es jedoch sehr viel von Jacks zeitweiliger Unwilligkeit und all seinen vielen Problemen beim Reiten – dieses Krankheitsbild hatte sich wohl schon über viele Jahre unentdeckt entwickelt.
Deshalb hatten wir mit der Arthrosediagnose auch das Reiten und jegliche Belastung erst einmal komplett eingestellt. Er hatte drei Monate Ruhe, in denen wir nur etwas Schritt gegangen sind – problematisch war das hauptsächlich durch seine Lungenerkrankung, die viel Bewegung erfordert.
Aber auch nach dem langsamen Neuaufbau und den nötigen Maßnahmen (Beschlag mit Duplos, Zufütterung, Akupunktur etc. ) habe ich nicht an Reiten gedacht, weil er trotz kompletter Lahmfreiheit nie völlig freudig lief. Deshalb habe ich ihm alle Zeit gegeben, die er braucht, um zu sagen: Ich möchte wieder mehr machen.
Nun ist es endlich soweit. Er kommt freudig zur Arbeit, drängelt sich in den Longierzirkel und steht schon bereit am Aufstiegstuhl.

In seiner früheren Reitzeit hat es oft sehr lange gedauert, bis ich aufsteigen konnte. Er hat sich ständig weggedreht, ist zurück gegangen etc. Mit viel Geduld und vielen Clicks habe ich es dann immer hinbekommen, dass ich aufsteigen konnte.

Ich habe nicht die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass er eben nicht möchte, dass ich aufsteige.

 Nach der Diagnose habe ich gelernt, diese Hinweise mit anderen Augen zu betrachten. Deshalb möchte ich ihm hier das größtmögliche Mitspracherecht geben. Er soll nicht brav stehen, nur weil er dafür belohnt wird.

Es gibt immer einen Grund.


Und deshalb habe ich auch so lange gewartet, bis er von sich aus quasi die Tür zum Reiten wieder öffnet – gerade weil es eben in den ganzen Jahren immer wieder Phasen gab, wo er ziemlich deutlich signalisiert hat, dass er es doof findet – und wir haben nicht hingehört.

Vor Monaten habe ich einmal auf ihm Platz genommen und gefragt, ob er losgehen kann. Aufsteigen war ok, Losgehen unmöglich (Kopfschütteln, stehen bleiben), also bin ich wieder abgestiegen.
Vor einigen Tagen hatte er zu nichts Lust, und ich bekam den Gedanken „Reiten“ in den Kopf – also, Reitkappe geholt, Sidepull, und dann den Aufstiegstuhl hingestellt – und Jack kam bereitwillig, und trug mich zur nächsten Matte, wo ich wieder abgestiegen bin. Wir haben das einige Male gemacht, die Reitzeit betrug vielleicht 2 Minuten insgesamt.

Heute nun war der nächste Schritt dran, und wir sind wieder von Matte zu Matte gewandert, nach gründlichem Aufwärmen. Ich habe ihn gefragt, wann er Belastung im Rücken aushalten kann, und habe auf seine Zeichen gehört. Erst als er solide und gut stand, bin ich aufgesessen. Und wenn er zum Aufsteigstuhl zurückgegangen ist, war das das Zeichen für mich, wieder abzusteigen. Und nach einigen Malen Reiten und Laufen und Reiten sind wir eine ganze Runde um den Zirkel geritten, und ich bin abgestiegen, bevor er sagen konnte „jetzt reicht es mir“.

Ich bin so dankbar über die Möglichkeiten, die das Clickertraining uns hier gibt. Nicht nur, dass wir vom Boden aus in den letzten Monaten die nötige Muskulatur und Kraft aufbauen konnten, und ihn entsprechend arbeiten konnten, so dass das Aufsteigen selbst nur ein weiterer Schritt auf einer gut bekannten Treppe ist und kein „Wagnis“ nach langer Reitabstinenz. Ich bin früher mehrfach von Jack gefallen, weil er sehr schreckhaft sein konnte. Aber nun war es bloß der nächste logische Schritt.
Und Jack kann wiederum mitteilen, wann es für ihn reicht, und der Rücken müde wird. Und wir haben gelernt, die Äußerungen des Anderen zu respektieren und ernst zu nehmen.

Jack ist kein Jungpferd. Er ist jetzt 12 Jahre alt. Dennoch ist er nach zweieinhalb Jahren Reitpause natürlich untrainiert, was das Tragen von Gewicht angeht. Deshalb werde ich den Aufbau sehr langsam und kleinschrittig vornehmen und mich völlig danach richten, was Jack mitteilt über das, was geht und was nicht. 

Und wenn er sagt, es geht nicht, dann tun wir das, was wir die letzten Jahre gemacht haben – gemeinsam Spaß haben.


Aber zur Zeit scheint es ihm sehr wichtig zu sein, „mein Reitpferd“ zu werden. Da ich ihn „als Pony für das Pony“ gekauft hatte, und Mirko nicht mehr da ist, braucht er eine neue Aufgabe. Und ich freue mich darüber mehr, als ich erwartet habe 😀

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