Stillhalte-Target

Das Stillhalte-Target in die ruhig hingehaltene Hand ist ein sehr nützliches Target, das in vielen Situationen im Alltag hilfreich sein kann.

Gerade beim Targettraining sollte man sich den Grundsatz
„Du bekommst, was Du clickst“ sehr gut vergegenwärtigen.

Wenn ich ein aktives Anschubsen eines Targets bestärke, habe ich immer den Aspekt des „aktiven Anschubsens“ mit dabei. Wenn ich ein Nasenrückentarget bestärke, aber mein Pferd dreht dabei immer den Kopf leicht nach außen, bestärke ich das „nach außen drehen“ mit. Wenn ich ein Target mit dem Aspekt der Ruhe und Losgelassenheit bestärke, bestärke ich die Ruhe und Losgelassenheit mit.

Wie im Video oben zu sehen, kann es gerade zu Beginn des Targettrainings zu einer Vielzahl von Verhaltensweisen kommen. Es ist dann notwendig, die Umstände so zu verändern, dass die Anzahl der Verhalten reduziert wird, damit das Training zum Erfolg wird. Bei Amadeus waren dazu eine Menge Veränderungen und ein Vielzahl von anderen Faktoren wichtig, bis er sich mit dem Anstubsen von Gegenständen entspannen konnte. Ein wichtiger Faktor war auch die Zeit, in der diese Veränderungen stattgefunden haben.

Das Stillhaltetarget habe ich deshalb erst nach längerer Zeit (2 Jahre) begonnen, zum Einen, weil es jetzt einfach nützlich ist, zum Anderen, weil er es jetzt „einfach“ lernen kann, ohne dass man auf viele Begleitverhalten achten muss.

Das Stillhalte-Target ist ein Verhalten, bei dem Dauer aufgebaut wird. Das Grundverhalten ist „Halte das Körperteil der Wahl (hier: Nase) an das Target der Wahl (hier: Handfläche)“. Das Kriterium, das hilft, Dauer aufzubauen, ist die Sanftheit der Berührung. Es soll nicht angeschubst werden, sondern der Kontakt soll ganz federleicht, aber konkret gehalten werden. Dafür bestärke ich anfangs den leichten Kontakt, danach auch das sanfte Hineindrücken in die Hand. Deshalb ist das Stillhaltetarget kein Aushalten eines Kontaktes, sondern ein aktives Verhalten, das vom Pferd ausgeht.

Um erfolgreich Dauer aufzubauen, ist es wichtig, das Verhalten zu beenden und zu clicken, bevor die Nase sich von der Hand entfernt. Dazu wähle ich die Dauer anfangs sehr sehr kurz, und verlängere sie dann sehr kleinschrittig, bis das Pferd verstanden hat, dass es um Dauer geht. Wenn das Pferd das Prinzip schon verstanden hat, kann ich auch einmal einen „Fehler“ zulassen und warten, dass die Nase wieder an meine Hand kommt. Grundlegend sollte ich aber dann sofort die Anforderung heruntersetzen und mit einer niedrigeren Dauer wieder beginnen.

Das Stillhalte-Target ist nützlich
– um dem Pferd den Focus auf Ruhe nahezubringen
– wenn ein Pferd sehr maulfixiert und Essenfixiert ist: Ich kann ihm dann erklären, dass die Hand noch andere, sinnvolle Aufgaben in der Nähe vom Maul haben kann, statt immer nur Futter anzubieten – und dass es sich lohnt, sich damit zu beschäftigen.
Das kann für viele Pferde zu schwierig sein, wenn ihre Impulskontrolle noch nicht vorhanden ist. Dann beginne ich gerne mit dem einfacheren Kinntarget. Dabei legt das Pferd das Kinn in die angebotene Handinnenfläche.


– wenn ich eine notwendige Maßnahme durchführen möchte, das Pferd aber leicht abgelenkt ist und noch wenig Erfahrung im „einfach stillstehen“ hat. „Einfach stillstehen“ ist ein Verhalten, dass vom Pferd sehr viel Disziplin erfordert. Hier können leicht Fehler passieren, da das „Stehen“ eher passiv als aktiv verstanden wird. Das Stillhaltetarget ist ein aktives Verhalten, dadurch ist es einfacher, Dauer aufzubauen.
– wenn ich das Pferd in eine balancierte, gerade ausgerichtete Haltung bringen möchte
– wenn ich eine Stellungsanfrage (irgendwann) vorbereiten möchte
– wenn ich dem Pferd das Prinzip „bleibe sanft an einem Target“ erklären möchte

Das Stillhalte-Target ist kein Kooperationssignal.

Ein Kooperationssignal gibt dem Pferd die Kontrolle über die gerade stattfindenden Maßnahmen oder Anfragen des Menschen. Es ist ein Start- und Ende-Signal:
Solange das Pferd das Kooperationssignal gibt, darf ich als Mensch die entsprechende Handlung vornehmen. Beendet das Pferd das Kooperationssignal, höre ich mit meiner Handlung auf und warte, bis das Pferd mir signalisiert, dass es wieder bereit ist.

Das Stillhaltesignal beinhaltet die Frage „Kannst du dieses Verhalten zeigen und beibehalten, während etwas anderes passiert? Und kannst Du es noch mal zeigen? Und wie lange kannst Du es zeigen?“
Es gibt mir die Möglichkeit, mit einem relativ leichten Verhalten eine hohe Bestärkungsrate aufrechtzuerhalten, während das Pferd insgesamt körperlich in die Ruhe findet. Es wird teilweise abgelenkt, aber ohne überlistet zu werden. Es hat die freie Wahl, das Target zu berühren – die hohe Bestärkungsrate stärkt die Zuversicht des Pferdes in die aktuelle Situation und in die Behandlungsmaßnahme.
Es ist daher eine gute Möglichkeit, in einer Situation zu bestärken, in der ich einen Abbruch (wie es z.B. beim Kooperationssignal passiert) des Verhaltens nicht wirklich zulassen kann (wie bei der Hufpflege oder einer tierärztlichen oder medizinisch notwendigen Behandlung).
Es darf natürlich auch nicht zu einer Zwangshandlung werden, aber das bietet der Charakter des Targets sowieso nicht, weil der Kontakt immer noch vom Pferd ausgeht.
In jedem Fall lohnt es sich, dieses Target hoch zu bestärken, lange bevor man notwendige Maßnahmen durchführen muss, damit man es dann sinnvoll und zum Wohl des Pferdes einsetzen kann.

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