Danke für die Reitzeit!

Mein lieber Mirko, 

   Du hast mich so viele Jahre – 20 sind es jetzt genau –  getragen und ertragen. Nun bist du quasi schleichend in den Ruhestand hineingeglitten und es ist gut so. Fast Dein ganzes bisheriges Leben hast Du bei mir verbracht – und ich hoffe dass es noch viele Jahre gemeinsam mit uns weitergehen wird. 

Am 24.1.2001, da war dieser Tag wo wir dachten es sei zu schnell vorbei. Fast zu Ende. Ein einziger Tritt zerstörte alles was wir an Träumen hatten. Du warst erst 8 Jahre alt – sollte da alles vorbei sein? 

Aber wir haben es gemeinsam geschafft und uns wieder eine Grundlage erarbeitet, auf der wir noch viel gemeinsam erleben konnten. Das Wichtigste war, dass ich verstand, warum Du bei mir bist. Nicht, damit ich Dich „nutzen“ kann oder meinen Spaß habe. Sondern damit ich für Dich sorgen kann. Das ist mein Teil unserer Partnerschaft. Und so arbeiteten wir uns langsam aus dem tiefen Loch heraus, in das der Sehnenriss uns katapultiert hatte – zwei Jahre hat es insgesamt gedauert. Und noch einmal 10 Jahre, bis die Schonhaltung daraus tatsächlich überwunden war. 

  

Nichts von alle dem war einfach. Ich war nie der super perfekte Reiter, und du hattest Probleme, die ich erst so viel später verstanden habe. Gegen alle Widrigkeiten haben wir viel erlebt und Du hast mir doch  immer wieder deutlich gezeigt, dass Du gerne mit mir gemeinsam unterwegs bist und mich gerne trägst. 

Dass es Dich stolz macht, mit mir gemeinsam etwas zu erleben und zu durchstehen. 

Dass ich mich auf Dich verlassen kann, auch in Extremsituationen, wo es drauf ankam. 

In den letzten Jahren waren wir auf der Suche. Nach einem Zuhause. Nach Entspannung. Nach dem, was es eigentlich ausmacht – das Reiten. Und Du hast mich ein letztes Mal mitgenommen, an die Hand genommen, und mich die wichtigste Lektion überhaupt gelehrt. Und endlich wusste ich, nach fast 20 Jahren, wie „Reiten“ für uns sein muss. Wie ich Dich anleiten kann, in Balance zu kommen. 

Wie es sich anfühlen kann, gemeinsam über Gedanken verbunden ein Tun, eine Bewegung zu fühlen, gemeinsam das selbe zu wollen, auch wenn unsere Körper mit dem Tun noch ein wenig hakelig waren – wir wussten endlich, das ist der Weg. 

Und ich wusste, dass wir umziehen würden, in einen Stall ohne Reitplatz. In einen Stall, der endlich unser Zuhause sein würde, wo uns niemand mehr reinreden könne in die Gestaltung unserer Zeit und Deines Lebensraums. Und ich wusste, wenn dieser Ritt, den wir gemeinsam feierten, der sich so grandios unscheinbar wunderbar balanciert anfühlte wie noch nie in unserem gemeinsamen Reiterleben – ich wusste, wenn dies der letzte Ritt sein würde, dann würde es so gut sein. 

Es war der letzte Ritt. 

Von niemandem beachtet, von niemandem kommentiert, von keinem überhaupt für beachtenswert befunden. Und ich schwor mir, niemals mehr ein Reitvideo von uns einzustellen. 

Es gab auch keins mehr und wird keines mehr geben. Wir haben niemals piaffiert, haben niemals die Weihen der höheren Dressur erreicht.

Nur – Zufriedenheit. 

Ein wenig hast Du mich noch getragen. Ein bisschen durch die Landschaft, ein wenig im kleinen Kreis unseres Longierzirkels. Und dann war es wichtiger, an der Gestaltung Deines Lebensraumes zu bauen. Dein Zuhause zu gestalten, das Du endlich in Frieden in Deiner kleinen Herde bewohnen kannst. 

Und auf einmal bist Du – alt. Mit wackeligen Zähnen und absinkendem Rücken, und in voller Zufriedenheit stehst Du da und ich freue mich, dass wir nun einfach so Zeit miteinander verbringen können, ohne den ständigen Druck der perfekten Gymnastizierung. Ohne den Druck, irgendetwas beweisen zu müssen über meine Trainerfähigkeiten. 

Nun hoffe ich dass Du dieses Leben im Ruhestand genauso lange genießen kannst und wir einfach gemeinsam in Frieden weiter alt werden können. 

Es ist auch nicht so dass Du Dir den Ruhestand „verdient“ hast. Ich bin es Dir schuldig, dafür zu sorgen und ich bin unendlich dankbar, dass ich nun die Möglichkeiten habe, das zu tun. 

Danke. 

https://www.youtube.com/watch?v=uRTGO8zk50E

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